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Lesetage selber machen
Muss eine sinnvolle und beliebte Veranstaltung wie die "Hamburger Lesetage" in den Händen eines Konzerns liegen
Rabu, 29 April 2015
Lesetage selber machen
Muss eine sinnvolle und beliebte Veranstaltung wie die
"Hamburger Lesetage" in den Händen eines Konzerns liegen, der mit
seinen Aktivitäten die Gesundheit aller bedroht?...
Das haben wir uns Jahre lang gefragt - Und wurden aktiv. Erstmals im Kleinen mit öffentlichen Protestaktionen 2010 und mit vielen Lesungen 2011.
Das haben wir uns Jahre lang gefragt - Und wurden aktiv. Erstmals im Kleinen mit öffentlichen Protestaktionen 2010 und mit vielen Lesungen 2011.
Energiekonzern Vattenfall beendet "Vattenfall Lesetage". Ein Gewinn für die Demokratie
Als wir die Idee im Januar 2010 unter den besetzten
Bäumen im Gählerpark hatten, als es darum ging, die Fernwärmeleitung vom
damals im Bau befindlichen Kohlekraftwerk zu verhindern, hätten wir
*nicht gedacht, dass wir so schnell am Ziel sein und Vattenfall sein
Propagandainstrument aus der Hand nehmen könnten.* Die Fernwärmeleitung
selber war ja auch so ein "Greenwashing"-Versuch. Sie sollte ablenken
von der dreckigen Basis dieser angeblich ökologisch sinnvollen
Nutzung der Abwärme. Und selbst das stimmte ja so nicht.
Im ersten Jahr, 2010 haben wir nur eine kleine Aktion gemacht unter
anderem mit einer Lesung vor dem Vattenfall Kundenzentrum, damals noch
in der Spitaler Straße. Und bereits die löste nervöse Reaktionen aus.
Und 2011, als es dann richtig losging mit "Lesetage selber machen -
Vattenfall Tschüss sagen", ...*Zunächst mal ein dickes Dankeschön an
alle die, die sich damals getraut haben, in irgendeiner Form
mitzumachen, sei es als Künstlerin oder Künstler oder als Raumgebende.
Zu beidem gehörte Mut.* Andere, die ihn nicht hatten, befürchteten, sie
würden es hinterher irgendwie negativ zu spüren zu bekommen, wenn sie
sich mit kulturellen Aktionen fürs Klima und fürs politische Klima in
dieser Stadt engagierten.
In den vergangenen Wochen um den Tag des
Volksentscheids herum haben wir uns aber schon gefragt, ob Vattenfall
seine Lesetage fortführen wird, sollten wir den Volksentscheid gewonnen
haben. Und jetzt nach dem 22. 9. ging uns das mehrfach durch den Kopf,
zumal Vattenfall ja auch insgesamt immer häufiger laut darüber nachdenkt, das Deutschland-Geschäft aufzugeben.
Warum ein Gewinn für die Demokratie?
Mit so einem "Geschenk", wie die beiden zuständigen Senatorinnen die
Lesetage des Energiekonzerns genannt haben, sind ja Absichten verbunden,
Absichten, den Beschenkten eine
Beißhemmung zu verpassen, sie gnädig zu stimmen. Und das halten wir für
falsch. Und jemand, der wie Vattenfall Deutschland wegen des -
demokratisch beschlossenen - Atomausstiegs mit einer Milliardenklage
überzieht, ist doch alles andere als ein honoriger Sponsor, von dem man
ein "Geschenk" annimmt.
Wer sich dann noch ein bisschen mit der Lausitz vertraut macht, dort, wo Vattenfall für seine (Braun)Kohle ganze Landstriche vernichtet
samt der darin liegenden Dörfern mit ihren Kulturgütern und der Basis
der sorbischen Kultur, wer also mitbekommt, was Vattenfall in der
Lausitz anrichtet, zweifelt\\
einerseits, dass es Vattenfall überhaupt um Kultur gegangen ist und kann
auch erfahren, wie Vattenfall dort versucht durch gezieltes Sponsoring,
sich eine ganze Region gefügig zu machen. Das war gerade in den
vergangenen Monaten anlässlich eines Vattenfall-Antrags für einen neuen
Tagebau sehr gut zu beobachten.
In der Lausitz gibt es Vattenfall (Vattenfall Europe Mining,
VE-M) auch ganz offiziell zu Protokoll: "VE-M erklärt, dass für eine
Unterstützung mittels Sponsoring die Bereitschaft des Empfängers zur
Zusammenarbeit erwartet wird." (aus einem Aktenvermerk der
Stadtverwaltung Welzow über eine Sitzung in der südbrandenburgischen
Kleinstadt am Rande des großen Tagebaus Welzow Süd vom Oktober 2010, an
der ein hochrangiger Vertreter von VE-M teilnahm.) Erwartet wird
konkret: keine Kritik an Vattenfall von den gesponserten Vereinen.
Deswegen Vorsicht vor Konzernsponsoring, nicht nur von Vattenfall, sondern wohl auch insgesamt.
Kulturförderung ist eine öffentliche Aufgabe. Wir
müssen alle zusammen darauf achten, dass keine großen Lücken entstehen,
in die Großunternehmen mit ihren Summen hineinstoßen können. Wir wollen keine gesponserte Republik, denn so eine Republik ist keine mehr.
Wir glauben, Vattenfalls Entscheidung, die "Vattenfall
Lesetage" aufzugeben, setzt viel Kreativität frei und ist eine große
Bestätigung und Ermutigung für die kulturelle Unterstützung von
(umwelt-)politischem Engagement.
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